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Mutation und Reparatur

Mutationen sind vererbbare Veränderungen der genetischen Information. Diese Information ist in allen lebenden Zellen in Form der Deoxyribonucleinsäure (DNA), bzw. bei einigen Viren auch in Form der Ribonucleinsäure (RNA), gespeichert. Die Aufrechterhaltung der Sequenzabfolge dieser Information und die Weitergabe an die Nachkommen ist ein zentraler Punkt im Leben eines jeden Individuums. Mutationen stellen aber auch die notwendige Grundlage der Evolution dar, denn sie führen zu genetischen Unterschieden zwischen Individuen einer gegebenen Art, an denen die Selektion ansetzen kann. Vorteilhafte Mutationen bewirken eine bessere Anpassung an die Umweltbedingungen, verbessern dadurch die Überlebenschancen des Trägers und werden an die Nachkommen weitergegeben. Nachteilige Mutationen hingegen können sich nicht durchsetzen. Mutationen ohne klaren Vor- oder Nachteil werden in der Regel toleriert und führen zu einer Variabilität der Arten (Evolutionstheorie von Charles Darwin).

 

Natürliche Mutationen sind ungerichtet: sie entstehen aus der einfachen Tatsache heraus, dass die DNA ein labiles Makromolekül ist, oder aber durch Einwirkungen aus dem Innern der Zelle oder aus ihrer Umwelt. Eine gerichtete Mutagenese kann heute durch den Einsatz gentechnischer Methoden im Labor erreicht werden.

 

1. Arten von Mutationen

Mutationen werden klassischer Weise in drei Arten unterteilt:

·        die Genommutationen, die zu einer veränderten Anzahl der Chromosomen führen,

·        die Chromosomenmutationen, die zu Veränderungen der Chromosomenstruktur- oder –form führen, und

·        die Gen- oder Punktmutationen, auch intragenische Mutationen genannt, bei denen ein Nucleotid oder einige wenige aufeinander folgende Nucleotide verändert sind.

 

Als Genommutationen werden Mutationen bezeichnet, bei denen der gesamte Chromosomensatz verändert vorliegt. Das bekannteste Beispiel ist die Trisomie 21, auch Mongoloismus genannt. Sie fällt unter die Aneuploidien, genauer unter die Hyperploidien, d.h. die Vervielfältigungen einzelner Chromosomen. Das Gegenteil dazu ist die Hypoploidie, die verminderte Stückzahl einzelner Chromosomen. Bei einer Vervielfältigung des gesamten Chromosomensatzes spricht man von Polyploidie und dann dementsprechend von triploiden (3n), tetraploiden (4n) usw. Zellen. Liegt nur ein Chromosomensatz vor, so ist dies eine Haploidie.

 

Zu Chromosomenmutationen kannst du im Dokument mit der Nummer 1487 mehr lesen. Zu Genom- und Chromosomenmutationen gibt es auch einen empfehlenswerten Link:

http://www.merian.fr.bw.schule.de/Beck/Skripten/13/bs13-22.htm

 

Punktmutationen basieren auf dem Austauch von Basen, der Substitution. Wird eine Pyrimidinbase (Cytosin, Thymin) gegen eine Pyrimidinbase bzw. eine Purinbase (Adenin, Guanin) gegen Purinbase ausgetauscht, so spricht man von Transition, wird eine Pyrimidinbase gegen eine Purinbase ausgetauscht oder andersherum, von Transversion. Wird der fehlerhafte Bereich nicht repariert sondern abgeschrieben, manifestiert sich die Mutation. Auch dann kann dies ohne Folgen bleiben, da der genetische Code degeneriert ist, d.h. dass mehrere Basentripletts für eine Aminosäure (AS) codieren können, also bereits die ersten beiden Nucleotide eines Codons die AS eindeutig definieren. Ein Austausch des dritten Nucleotids bleibt somit ohne Folgen, wird als stumme oder neutrale Mutation bezeichnet. Andere Arten der Substitution hingegen ändern die genetische Information, geben ihr einen falschen Sinn, (missense), so dass es im Gen-Produkt zu einem AS-Austausch kommt. Auch hier können die Folgen unterschiedlich sein: wird z.B. eine AS mit negativ geladener Seitenkette gegen eine andere mit ebenfalls negativ geladener Seitenkette ausgetauscht, kann die Funktion des Proteins uneingeschränkt bleiben (konservative Mutation). Wenn jedoch eine AS im aktiven Zentrum eines Proteins ausgetauscht wird, kann dies zum vollständigen Funktionsverlust führen. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es verschiedene unterschiedlich starke Auswirkungen einer Substitution auf die Funktionstüchtigkeit eines Proteins.

Ebenfalls zum vollständigen Funktionsverlust führen so genannte Unsinn- oder Nonsense-Mutationen, die dann entstehen, wenn durch eine Substitution ein Sinn-Codon in ein Stop-Codon umgewandelt wird, da es hierdurch zur Synthese unvollständiger Protein-Fragmente kommt. Toleriert werden können diese Verluste nur, wenn sich das Stop-Codon am Ende der mRNA befindet und so nur zum Verlust einiger weniger AS führt (Darstellung der unterschiedlichen Substitutionen und ihrer Auswirkungen in Abb.1)

 

 

 

Abb. 1: Substitutionen und ihre Auswirkungen

 

Wildtyp       ATG AAG TTT GGC TAA                   DNA

TAC TTC AAA CCG ATT

 

AUG AAG UUU GGC UAA                  RNA

Met – Lys – Phe – Gly – Stop     Protein

 

 

stumme Mut. ATG AAG TTT GGT TAA                  DNA

TAC TTC AAA CCA ATT

 

AUG AAG UUU GGU UAA        RNA

Met – Lys – Phe – Gly – Stop     Protein

 

 

Missense-    ATG AAG TTT AGT TAA                  DNA

Mut.   TAC TTC AAA TCA ATT

 

AUG AAG UUU AGU UAA        RNA

Met – Lys – Phe – Ser – Stop              Protein

 

 

Nonsense-    ATG TAG TTT AGT TAA                  DNA

Mut.   TAC ATC AAA TCA ATT

 

AUG UAG UUU AGU UAA        RNA

Met – Stop                              Protein

 

In der Regel tiefer greifende Folgen als die Substitution von Nucleotiden haben der Verlust (Deletion) und die Addition (Insertion) von ein oder zwei Nucleotiden, die so das gesamte Leseraster verschieben (frame shift) und das Protein gänzlich verändern (dementsprechend hat die Deletion oder Insertion von drei Nucleotiden „nur“ die Addition oder den Verlust einer AS zur Folge).

 

Abb. 2: Leseraster-Mutationen (LRM) (Wildtyp s. Abb. 1)

 

                            T

 

frame shift  ATG AAG TTG GCT AA…                  DNA

TAC TTC AAC CGA TT…

 

AUG AAG UUG GCU AA…        RNA

Met – Lys – Leu – Ala - …                   Protein

 

 

 

2. Häufigkeit spontaner Mutationen

Dass Mutationen zufällig und ungerichtet auftreten, d.h. die Zelle keinen Einfluss auf die Wirkung spontaner Mutationen hat, bewiesen 1943 Luria und Delbrück (http://www.webmic.de/fluktuationstest.htm). Die Häufigkeit der Mutationen resultiert aus der Häufigkeit der DNA-Schädigungen und der Effizienz der zelleigenen Reparatursysteme (s.u.). Dabei ist die Mutationsrate bezogen auf das gesamte Genom bei unterschiedlichen Organismen, unabhängig ob Pro- oder Eukaryot, nahezu gleich. Jedes Gen kann durch ca. 1 Mutation/109 Bakterien pro Generation getroffen werden. Dabei beruhen im Allgemeinen etwa 70 % der Mutationen auf Substitutionen, die übrigen Mutationen auf Deletionen oder Additionen von ein oder mehreren Nucleotiden, also auf frame shifts. Ein kleiner Teil wird auch durch Transpositionen verursacht, auf die später noch eingegangen werden soll.

Mutationen treten aber nicht an allen Stellen innerhalb eines Genoms gleich häufig auf. Es gibt bestimmte Bereiche, so genannte hot spots, die häufiger durch Mutationen betroffen sind als andere. Dies sind Abschnitte, die reich an desaminierbarem 5-Methylcytosin (näheres wird später noch beschrieben) sind und Sequenzwiederholungen, bzw. kurze palindrome Sequenzen, d.h. Sequenzen, die gegenläufig gleich sind. Warum dies so ist, wird später noch deutlich werden.

 

3. Ursachen für Mutationen

a)  spontane Mutationen

·      Falscheinbauten

Die DNA-Synthese im Zuge der Replikation (Replikation) ist sehr genau, da die DNA-Polymerase (DNA-Polymerase) sehr genau arbeitet und zusätzlich eine 3’-5’-Exonuclease-Aktivität besitzt, die eventuelle Falscheinbauten sofort wieder entfernen kann. Dennoch können Fehler auftreten. Watson und Crick gingen davon aus, dass die Basen in verschiedenen tautomeren Strukturen vorliegen können (Keto-Enol-Tautomerie), in denen sie unterschiedliche Paarungseigenschaften aufweisen könnten, so dass z.B. Thymin in der unüblichen Enolform eher mit Guanin paaren würde. Mittlerweile wurde aber gezeigt, dass diese tautomeren Formen unter den Bedingungen der DNA-Polymerase-Reaktion nicht vorkommen. Vielmehr sind Fehlpaarungen auf ungewöhnliche Konformationen des DNA-Rückgrates oder der Basen zu den Pentoseringen zurückzuführen, was zur Ausbildung so genannter Wobble-Paare führt. Mit wobble ist gemeint, dass eine Base in ihrer Partnerwahl schwankt, wie es z.B. aus der Codon-Anticodon-Erkennung bei der Translation bekannt ist. Am häufigsten sind G-T- und C-A-Wobble-Paare, gefolgt von G-A-Wobble-Paaren. Sehr selten gibt es Wobble-Paare aus zwei Pyrimidin-Basen. Die Geometrie der Wobble-Paare weicht deutlich von der der normalen Basenpaare ab, so dass in den meisten Fällen das unpassende Nucleotid von der DNA-Polymerase abgewiesen oder spätestens von der 3’-5’-Exonuclease entfernt wird. Außerdem verzögert ein unpassendes Nucleotid die Kettenverlängerung und schafft so Zeit für die 3’-5’-Exonuclease zum Entfernen des Nucleotids. Verbleibt das falsch eingebaute Nucleotid dennoch in der DNA, kommt es zu Falschpaarungen, den so genannten Mismatches. Diese können Mutationen nach sich ziehen, außer sie werden durch die postreplikative Reparatur (eine spätere Reparatur, s.u.) erkannt und wieder korrigiert.

 

·      „Zerfallsreaktionen“ der DNA und die Entstehung von AP-Stellen

Da die DNA wie alle anderen chemischen Substanzen nicht unbegrenzt haltbar ist, treten Zerfallsreaktionen wie hydrolytische Spaltungen und Deaminierungen auf.

Bei der hydrolytischen Depurinierung werden die Bindungen zwischen den Purinbasen und den Deoxyribose-Phosphat-Resten gespalten, wobei das Deoxyribose-Phosphat-Rückgrat erhalten bleibt. So entstehen Apurinstellen. Apyrimidin-Stellen entstehen vor allem über den Umweg der Deaminierung von Cytosin-Resten, bei der Uracil entsteht (Abb.3).

 

Abb. 3: Hydrolytische Deaminierung am Bsp. von Cytosin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wesentlich seltener kommt es zur Deaminierung von Adenin zu Hypoxanthin. Zur Mutation kommt es, wenn bei der Replikation Uracil mit Adenin paart und Hypoxanthin mit Cytosin. Um dies zu verhindern gibt es das wirkungsvolle Reparaturenzym Uracil-DNA-Glykosylase, das solche falschen Nucleotide erkennt, aus dem Verband der Doppelhelix ausschwenkt und die glykosidische Bindung löst. Die Folge ist eine Apyrimidin-Stelle. Apurin- und Apyrimidin-Stellen nennt man kurz AP-Stellen.

Hier können leicht Mutationen entstehen, da in der Matrize ein Baustein für die Replikation fehlt, so dass komplementär im Prinzip jedes beliebige Nucleotid eingebaut werden kann. Oft überspringt die replikative DNA-Polymerase auch die Lücke und verursacht so eine Deletion von einem Nucleotid. Kommt es zum Einbau einer Base wird häufiger als erwartet ein Adenin-Nucleotid eingebaut und damit ein GC-Basenpaar in ein AT-Basenpaar überführt.

Deaminierungen können auch an anderen Basen auftreten. Die fatalste Konsequenz hat die Deaminierung von 5-Methylcytosin zu Thymin, da Thymin als normaler Baustein der DNA nicht vom Reparatursystem erkannt wird. Bei der nächsten Replikation wird die Mutation fixiert, da nun statt des GC-Basenpaares ein AT-Basenpaar erscheint. Viele Mutationsforscher sind sich einig, dass die hydrolytische Deaminierung von 5-Methylcytosin auch einer der wichtigsten Mechanismen für die spontane Entstehung von Genmutationen beim Menschen ist. Dies gilt z.B. für die Bluterkrankheit, die durch eine Fehlbildung des Gerinnungsfaktors IX verursacht wird. Vor allem CG-Folgen weisen einen hohen Methylierungsgrad auf, so dass sie hot spots für diese Art von Mutation darstellen. Deaminierungen können auch durch mutagene Verbindungen wie Salpetersäure ausgelöst werden.

 

·      Oxidative Schäden

Oxidative Schäden werden von Hydroxyl-Radikalen (∙OH) verursacht, die in der Zelle über Umwege aus Wasserstoffperoxid (H2O2), einem Nebenprodukt der Atmungskette (siehe auch Dokument Schülerservice > Biologie > Atmungskette ), entstehen. Der größte Teil wird zwar durch Katalasen und Peroxidasen unschädlich gemacht, aber ein kleiner Teil wird eben auch in reaktive Hydroxyl-Radikale überführt. Zudem erhöhen ionisierende Strahlen – neben der Auslösung einer Reihe anderer schwerer Schäden (s.u.) - über eine Radiolyse aus Wasser die Bildung von Hydroxyl-Radikalen. Hydroxyl-Radikale verändern die Struktur von DNA-Nucleotiden, am häufigsten ist dabei die Bildung von 8-Oxoguanin (8-OxoG). Mutationsforscher gehen davon aus, dass auch ohne äußere Einwirkungen bis zu 1000 8-OxoG-Reste pro Tag im menschlichen Genom entstehen. Der Einbau von 8-OxoG in die DNA führt zu Problemen, da ihm gegenüber bei der Replikation entweder das normale Cytosin oder aber bevorzugt Adenin eingebaut, was zu einer GC- nach TA-Transversion führt. Verändert sich das Guanin im freien dGTP zu 8-OxodGTP, so kann es bei der Replikation gegenüber Adenin eingebaut werden. Die falsch eingebauten 8-OxoG-A-Basenpaare können von der 3’-5’-Exonuclease nicht erkannt werden, weil ihre Geometrie wahrscheinlich der der normalen Basenpaare nahe kommt. Es kommt zu einer AT-nach-CG-Transversion.

·      Ursachen spontaner Leseraster-Mutationen (LRM)

Wie bereits erwähnt sind Sequenzwiederholungen und kurze palindrome Sequenzen hot spots spontaner Mutationen. Dies gilt insbesondere für Leserastermutationen (frame shifts), die sequenzabhängig dort auftreten, wo mehrere gleiche Basenpaare hintereinander vorkommen. Zudem begünstigen Lücken, wie sie in der Nähe der Replikationsgabel, bei der Rekombination und bei Reparaturprozessen vorkommen, die Entstehung von Leserastermutationen. Es kommt zur Ausbildung von Nucleotid-Schleifen, so genannten „extrahelikalen“ Nucleotiden. Genaueres erläutert die Abbildung 4 bildlich.

 

Abb. 4: Entstehung spontaner LRMs

 

ATGAACGCGCGCGCGTACG               DNA mit GC-Folgen

TACTTGCGCGCGCGCATGC

 

ATGAACGCGCGCGCGTACG               Lücke im DNA-Strang

TACTTGC             GCGCATGC

 

 


                  

                 GC       

                 CG

ATGAACGCGCGTACG                       ATGAACGCGCGCGCGTACG

TACT TGCGCGCATGC                       TACTTGC                  GCATGC

                                                                                      CG

 


 bei der Repl. d. unteren

Stranges Deletion v. 4 BP                       beim Ausfüllen d. Lücke durch

Reparatursynthese Addidtion v. 2 BP

 

 

TACTTGCGCGCATGC                        TACT TGCGCGCGCGCGCATGC

ATGAACGCGCGTACG                       ATGAACGCGCGCGCGCGTACG

 

 

·      Transponierbare Elemente bei Bakterien

In der DNA von Bakterien gibt es Sequenzelemente, die ihre Lage und Kopienzahl innerhalb des Genoms verändern können. Sie stellen damit eine Art der Rekombination dar, gehen aber auch oft mit Veränderungen der DNA-Struktur einher, v.a. mit Insertionen und Deletionen. Den Vorgang nennt man Transposition, die Elemente selbst transponierbare Elemente, wobei man zwischen den Insertions-Elementen (IS-Elementen), die nur für ein oder zwei Enzyme codieren, und den komplexeren Transposons, die auch andere Gene, z.B. für Resistenzen, umfassen können, unterscheidet. Die Insertion eines solchen transponierbaren Elements innerhalb eines Gens kann zu dessen Funktionsverlust führen oder aber die Genexpression verändern.

 

 

b)  Induktion von Mutationen durch Chemikalien

·      DNA-Alkylierung

Alkylierende Chemikalien sind wichtige Mutagene, die in Experimenten eingesetzt werden, aber auch in der natürlichen Umwelt, z.B. als Nitrosamine im Magen-Darm-Trakt von Säugetieren, vorkommen. Sie, bzw. ihre eigentlich reaktiven Stoffwechselprodukte verändern DNA-Nucleotide an allen Positionen, die einer chemischen Ethylierung oder Methylierung zugänglich sind. Eine Methylierung von DNA-Nucleotiden kann auch spontan erfolgen, wobei die Methylgruppe in der Regel von dem normalerweise bei enzymatischen Reaktionen als Cofaktor fungierenden Methylgruppen-Überträger S-Adenosylmethionin (SAM) stammt. Die Hauptmethylierungsprodukte dabei sind 3-Methyladenin und 7-Methylguanin. Direkte Mutationen können durch O6-Methylguanin (O6-MeG) und O4-Methylthymin (O4-MeT) hervorgerufen werden, da O6-MeG mit Thymin und O4-MeT mit Guanin paart. Indirekte Mutationen entstehen im Zuge von Reparaturprozessen, wenn nach der Entfernung der alkylierten Nucleotide durch eine Glykosylase die entstandene AP-Stelle nicht oder nicht schnell genug repariert wird.

 

·      Polycyclische Kohlenwasserstoffe

Polycyclische Kohlenwasserstoffe (PK) entstehen vor allem bei unvollständigen Verbrennungen wie z.B. im Tabakrauch. Sie werden zum Teil erst durch modifizierende Enzyme in ein wirksames Agens überführt. Die bekanntesten PKs sind Benz(a)pyren und das Schimmelpilztoxin Aflatoxin. Eine Anheftung dieser voluminösen Moleküle führt zu einer erheblichen Verzerrung der DNA-Struktur, was zu der Bezeichnung „unförmige Basenmodifikationen“ (bulky adducts) führte. Diese begünstigen die Hydrolyse der glykosidischen Bindung zwischen der modifizierten Base und der Deoxyribose und führen so zu vermehrten AP-Stellen, die durch falsche Adenin-Nucleotide gefüllt werden können. Außerdem blockieren die unförmigen Modifikationen die DNA-Replikation, so dass oft lange Einzelstrang-Regionen entstehen, die den fehlerhaften SOS-Reparaturweg auslösen (s.u.).

 

 

 

·      Basenanaloga und interkalierende Substanzen

Basenanaloga sind Substanzen, die den Basen in ihrer Struktur stark ähneln und so statt dieser in die DNA eingebaut werden können. Sie gehen besonders oft Fehlpaarungen mit anderen Basen ein, was mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der nächsten Replikation zu Mutationen führt. Bekannte Basenanaloga sind 5-Bromuracil (BU), das für Thymin eingebaut wird und bevorzugt Wobble-Paarungen mit Guanin ausbildet, und 2-Aminopurin (2-AP), das wie das strukturell ähnliche Adenin mit Thymin aber auch bevorzugt mit Cytosin paaren kann.

Interkalierende Substanzen besitzen eine planare Struktur und sind so in der Lage, sich zwischen die Basenpaare einzulagern. Hierdurch können sie Replikationsfehler verursachen, die in der Regel zu LRMs führen. Bei diesen interkalierenden Substanzen handelt es sich meist um polyzyklische Verbindungen wie Acridin-Farbstoffe oder Proflavine, die auch im Labor zur Färbung von DNA eingesetzt werden. Andere interkalierende Substanzen, wie das Antibiotikum bzw. Antitumormedikament Mitomycin, reagieren kovalent mit der DNA und führen zum Teil zur Quervernetzung der DNA-Stränge, wodurch die Replikation verhindert wird.

 

·      Mutationen durch UV-Licht

Am häufigsten verursachen UV-Strahlen Reaktionen zwischen benachbarten Pyrimidinen, bevorzugt zwischen zwei Thymin-Resten, wodurch es zu einem Thymin-Dimer kommt, das über einen Cyclobutan-Ring verbunden ist. Diese Reaktion kann bis zu 85% der UV-Schäden ausmachen. Nur in etwa 10% der Fälle kommt es zu einem TC(6-4)-Photoprodukt. Beide führen in jedem Fall zur Verzerrung der DNA-Doppelhelix.

 

·      DNA-Schäden durch ionisierende Strahlen

Elektromagnetische Strahlen (Röntgen- und -Strahlen) und korpuskuläre Strahlen (- und -Strahlen) erzielen beim Eindringen in Zellen direkte Wirkungen, wenn sie auf ein Makromolekül treffen, oder indirekte Wirkungen, wenn sie mit Wassermolekülen in der Zelle reagieren und so Hydroxyl-Radikale bilden (s.o.). Die meisten Schäden dabei sind Veränderungen in der Struktur der Basen, wie der oben beschriebene wichtigste Schaden 8-OxoG. Andere Schäden betreffen die Struktur der DNA: Dies sind Quervernetzungen zwischen Basen der beiden DNA-Einzelstränge sowie Einzel- und Doppelstrangbrüche, die besonders schwerwiegende Folgen für die Struktur und die Funktion des Genoms haben können.

4. Reparaturmechanismen

Da die Wahrung der DNA-Struktur essentielle Bedeutung für jede Zelle hat, haben sich verschiedene Mechanismen zur Beseitigung von Schäden entwickelt. Direkte Korrekturmöglichkeiten sind die lichtabhängige Spaltung von Pyrimidin-Dimeren oder die Demethylierung von alkylierten Basen. Meist aber muss der beschädigte Abschnitt durch mehrere Enzyme großzügig aus der DNA ausgeschnitten werden. Sehr umfangreiche Schäden lösen eine „Notreaktion“ der Zelle, die SOS-Antwort, aus.

 

·      Direkte Reparatur modifizierter Basen

Bestimmte Basenmodifikationen, nämlich UV-Schäden und bestimmte DNA-Alkylierungen, können direkt wieder rückgängig gemacht werden. Bei der Photo-Reaktivierung können Bakterien mit Hilfe des sichtbaren Lichts (Wellenlängen von 340-400 nm) und des Enzyms Photolyase Pyrimidin-Dimere in der DNA durch Spaltung des Cyclobutan-Rings wieder beseitigen. Zwei Chromophore fungieren dabei als Cofaktoren: 5,10-Methylen-tetrahydrofolat sammelt die Lichtenergie und überträgt Elektronen auf das Flavinadenin-Dinucleotid (FAD). Die reduzierte Form FADH2 liefert die Elektronen für die Spaltung des Cyclobutan-Ringes. Solche Mechanismen finden sich auch bei einigen Eukaryoten, allerdings nicht bei Säugern.

 

Ein Enzym namens O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase (MGMT) kann in den Zellen vieler Arten (die Untersuchungen und damit die Bezeichnungen stammen aber wieder einmal von E.coli) sowohl O6-Guanin- als auch O4-Thymin-Alkylierungen und die Alkylierung von Phosphaten wieder rückgängig machen. Die Methylgruppen von O6-MeG und O4-MeT werden dabei auf die Seitenkette eines Cysteins im carboxyterminalen Bereich der MGMT, die Methylgruppen von Phosphaten an ein Cystein im aminoterminalen Bereich übertragen. MGMT kann die Methylgruppe nicht wieder abgeben und wird so inaktiv. Experten hat die Frage interessiert, was passiert, wenn die Bakterienzelle mit alkylierenden Chemikalien überschwemmt wird, und ein Mangel an MGMT droht. Sie fanden eine adaptive Antwort des Enzyms selbst, da es durch die übernommene Methylgruppe zu einem Transkriptionsfaktor wird, der sowohl seine eigene Transkriptionsrate steigert als auch die der 3-Methyladenin-DNA-Glykosylase II. Diese wird im Gegensatz zur 3-Methyladenin-DNA-Glykosylase I nicht konstitutiv exprimiert (also ohne Regulation durch äußere Signale), sondern erst im Zuge der genannten adaptiven Antwort. Beide Enzyme arbeiten ähnlich wie die Uracil-DNA-Glycolsylase (s.o.), können aber nicht nur – wie die Bezeichnung vermuten ließe – 3-Methyladenin-Basen sondern auch andere alkylierte Nucleotide unter der Schaffung von AP-Stellen aus der DNA entfernen.

 

·      Basen-Exzisions-Reparatur (BER)

Kleinere Modifikationen an Basen, wie Alkylierungen oder oxidative Schäden, werden durch die Basen-Exisions-Reparatur behoben. Dabei spielen Glykosylasen eine Rolle, von denen drei bereits genannt wurden. Sie erkennen DNA-fremde Nucleotide, schwenken sie aus dem Verband der Doppelhelix aus, lösen die glykosidische Bindung und schaffen so eine AP-Stelle. Eine AP-Endonuclease schneidet das Deoxyribose-Phosphat-Band 5’-wärts gleich neben der AP-Stelle, so dass auf der einen Seite ein 5’-Deoxyribose-Phosphat-Rest ohne Base und auf der anderen Seite eine freie 3’-OH-Gruppe entsteht. Ein Enzym namens Deoxyribophosphodiesterase (drPase) entfernt den Deoxyribose-Phosphat-Rest. Die entstandene Lücke von einem Nucleotid wird durch eine DNA-Polymerase, die ein Nucleotid an das 3’-OH-Ende bindet, gefüllt, und eine DNA-Ligase verschließt das Deoxyribose-Phosphat-Band wieder.

Der häufigste oxidative Schaden, 8-OxoG (s.o.), wird durch die 8-OxoG-DNA-Glykosylase, die bei E.coli auf dem so genannten MutM-Protein liegt, repariert. Dieses MutM-Protein beinhaltet auf einer Polypeptidkette außerdem eine AP-Lyase-Funktion und eine Funktion zur Schaffung freier 3’-OH-Enden. Die AP-Lyase trennt statt einer AP-Endonuclease mit nicht-hydrolytischer Wirkung das Deoxyribose-Phosphat-Band an der AP-Stelle auf, indem es die C,O-Bindung zwischen Deoxyribose und Phosphat durch eine Eliminierungsreaktion unter Ausbildung einer C,C-Doppelbindung im Deoxyribose-Gerüst spaltet. Die drPase-Funktion des Proteins schafft ein freies 3’-OH-Ende und die weiteren Schritte der oben beschriebenen BER folgen. Ein zu MutM äquivalentes Protein findet sich auch bei Eukaryoten einschließlich des Menschen.

·      Mismatch-Reparatur

Die Mismatch-Reparatur ist eine besondere Form der BER, die sehr schnell nach dem Einbau falscher Basen erfolgt. Um ein Mismatch reparieren zu können, muss zunächst vom System erkannt werden, welches die falsche Base ist. Hierzu wird bei E.coli die Methylierung der GATC-Folgen (N6-Methyladenin statt Adenin) genutzt, eine Modifikation, die eigentlich der Unterscheidung zwischen eigener und Fremd-DNA dient. Unmittelbar nach der Replikation ist der neu synthetisierte Strang noch nicht methyliert, was ein Signal für die Mismatch-Reparatur ist. Im ersten Schritt bindet das MutS-Protein (Diese und die folgenden Bezeichnungen der Proteine stammen aus der Analyse der prototypischen Komponenten in E.coli, wobei sie sich von „mutator“ ableiten, da Mutationen in diesen Reparatursystemen zu einer erhöhten Mutationsrate führen.) an das unkorrekte Basenpaar, wodurch die Anlagerung von MutL und dann von MutH, ermöglicht wird. Letzteres schneidet den neuen Strang in einer nahen unmethylierten GATC-Folge. Die Helikase II entwindet den geschnittenen DNA-Strang, der durch die Exonuclease I oder VII oder das RecJ-Protein abgebaut wird, abhängig davon, auf welcher Seite des Mismatches der Strang geschnitten wurde. Die Neusynthese zum Schließen der Lücke erfolgt über die DNA-Polymerase III, die Nucleotide an das freie 3’-OH-Ende heftet und die Ligase, die die letzte Phosphodiester-Bindung schließt. Das bakterielle Mismatch-Reparatursystem ist in der Lage, alle möglichen Falschpaarungen (vielleicht mit Ausnahme von C-C-Paarungen) und kleine Insertionen und Deletionen, bei denen ein Strang ein oder zwei Extranucleotide enthält, zu reparieren. Außerdem kann es Mismatches in Heteroduplex-Bereichen, die bei der Rekombination in Holliday-Strukturen vorkommen können, entfernen.

Die eukaryotischen Mismatch-Reparatursysteme arbeiten prinzipiell gleich, was auch zu den Bezeichnungen MSH für MutS-Homolog usw. führte. Als bevorzugtes Erkennungssignal dienen hier allerdings nicht die Methylierungen sondern die freien Enden wachseneder DNA-Stränge. Ein besonderes Merkmal der eukaryotischen Mismatch-Reparatur ist die Fähigkeit auch längere Insertionen bis zu 12 oder 16 Nucleotiden zu reparieren.

 

·      Nucleotid-Exzisions-Reparatur (NER)

Die NER erkennt Störungen in der DNA- und in der Chromatin-Struktur umso effizienter, je größer die Störungen, d.h. je stärker die Verzerrungen (z.B. (6-4)-Photoprodukte besser als Cyclobutan-Derivate) oder je voluminöser die Additionsprodukte (z.B. Additionsprodukte von Benz(a)pyren besser als Methylierungen) sind.

Der Mechanismus ist bei Pro- und Eukaryoten im Prinzip recht ähnlich, nur die beteiligten Proteine weichen voneinander ab. Der erste Schritt ist wieder die Erkennung des DNA-Schadens, an den bei Bakterien ein Komplex aus zwei UvrA- und einem UvrB-Protein spezifisch bindet. (Auch hier stammen die Bezeichnungen aus Untersuchungen an E.coli, und zwar aus Untersuchungen bzgl. der Empfindsamkeit auf UV-Strahlen; deswegen auch Uvr für uv-repair.) Nach der Bindung wird das UvrA-Protein durch ein UvrC-Protein ersetzt und der UvrBC-Komplex schneidet die DNA acht Nucleotide 5’-wärts und fünf Nucleotide 3’-wärts des Schadens. Eine UvrD-Helikase entfernt das geschädigte DNA-Stück. Nach der Exzisions, dem Ausschneiden, folgen die Reparatursynthese mittels der DNA-Polymerase I und die Versiegelung des Phosphodiester-Bandes durch eine DNA-Ligase.

Abb. 6: NER

 

 

 

 

 

 

 

Befindet sich der Schaden im transkribierten Strang aktiver Gene, begünstigt das Protein Mfd (mutation frequency declining), auch bekannt als TRCF (transcription repair coupling factor) zusätzlich deren bevorzugte Reparatur. Es verdrängt die auf den Schaden auflaufende RNA-Polymerase und vermittelt die Bindung des UvrA-Proteins, das die Reparatur nach dem beschriebenen Schema einleitet.

 

Bei Eukaryoten wird der Schaden durch ein Protein namens XPA aufgespürt, das aber nur mit Hilfe eines so genannten Einzelstrang-Bindeproteins an den Schaden binden kann. XP steht für Xeroderma pigmentosum, eine Erbkrankheit, die zu einer erhöhten Empfindlichkeit gegen Sonnenlicht und damit zu einer hohen Wahrscheinlichkeit für das Erkranken an Hautkrebs führt. (http://www.onmeda.de/krankheiten/xeroderma_pigmentosum.html) Bei dieser Krankheit wurden Mutationen in den Systemen der Nucleotid-Exzision gefunden. Viele Erkenntnisse der NER bei Eukaryoten und somit auch die Bezeichnungen stammen aus der Untersuchung solcher Patienten. Zum gebundenen XPA-Proteine kommen dann weitere XP-Proteine hinzu, bis ein Komplex entsteht, der den DNA-Strang 22 Basenpaare 5’-wärts und 4-6 Basenpaare 3’-wärts schneidet. Im Komplex vorhandene Helikasen trennen das Oligonucleotid mit dem Schaden heraus, so dass eine Lücke von 27-29 Nucleotiden entsteht, die durch die Enzyme der DNA-Replikation (v.a. DNA-Polymerase  und ) und die Ligase wieder geschlossen wird.

 

·      Postreplikative Reparatur

Schäden in der DNA, die störend auf die Replikation wirken, können von der auflaufenden DNA-Polymerase übersprungen werden. Dadurch entstehen lange Einzelstrangsabschnitte, die die Rekombination zwischen homologen Molekülen anregen, woher auch die Bezeichnung rekombinative Reparatur stammt. Eine Hauptrolle spielt das Protein RecA, das an die Einzelstrang-DNA-Enden links und rechts der Lücke bindet und das homologe Chromosom nach homologen Sequenzen absucht. (Unter guten Bedingungen können Bakterien rasch proliferieren und besitzen dann zwei oder mehr Genome, da die nächste Replikationsrunde noch vor Beenden der letzten eingeleitet wird. Dies verbessert natürlich die Chancen für eine schnelle rekombinative Reparatur.) Nach dem Auffinden der passenden Stelle dringt der Komplex in die Doppelhelix ein, verdrängt den homologen Strang, um an den komplementären zu binden und ihn als Matrize für die Neusynthese zu benutzen. Der verdrängte Strang paart sich mit dem fehlerhaften Strang. Endonucleasen schneiden die DNA zurecht und Ligasen verschließen sie, so dass zwei komplette Doppelhileces entstehen. Der eigentliche Schaden ist auf diese Weise nicht behoben, sondern es wurde „nur“ die Lücke im Tochterstrang geschlossen.

 

·      Reparatur von Einzel- und Doppelstrangbrüchen

Die Reparatur von Einzelstrang-Brüchen wird durch den intakten Partnerstrang geleitet, der als Matrize dient. So wird die Neusynthese ähnlich wie nach einer Nucleotd-Exzision durchgeführt. Die kompliziertere Reparatur von Doppelstrang-Brüchen basiert bei Prokaryoten auf dem Rekombinationssystem. Die Enden des gebrochenen Stranges werden auf homologe Abschnitte eines intakten Genoms geleitet, was zur Ausbildung der Holliday-Struktur als typischer Zwischenform bei der homologen Rekombination führt. Auf diese Weise können wieder intakte Doppelhelices entstehen. Auch Eukaryoten verwenden die Rekombination als Mechanismus für die Reparatur von Doppelstrangbrüchen. Daneben gibt es bei ihnen aber auch ein zweites Reparatursystem, die so genannte nicht-homologe End-zu-End-Verknüpfung (non-homologous end-joining). Die Mechanismen dieses Reparatursystems sind noch nicht ganz geklärt. Eine Rolle spielen wohl eine Reihe von DNA-abhängigen Protein-Kinasen, die sich als Komplex an die gebrochenen Enden binden und deren Aneinanderlagerung begünstigen, mehrere Proteine mit Exonuclease-Aktivität, die die DNA zurecht schneiden, sowie ein Protein namens XRCC4 (x ray repair cross complementing) und die Ligase IV. XRCC4  plaziert vermutlich die DNA-Ligase IV so an die Enden der gebrochenen DNA, dass eine kovalente Verbindung der DNA-Stränge und damit eine End-zu-End-Verknüpfung möglich wird.

 

·      SOS-Antwort bei Bakterien

Unter Bedingungen, die schwerste DNA-Schäden hervorrufen, oder durch Schäden während der Replikation wird bei E.coli eine SOS-Antwort ausgelöst. Ausgangspunkt sind lange Einzelstrang-Regionen, wie sie beim Auflaufen der replikativen DNA-Polymerase auf die Replikationsgabel oder als Zwischenstation bei der NER entstehen. An diese bindet, wie oben beschrieben, das Protein RecA, das zu seinen anderen Funktionen auch die Spaltung von drei Proteinen fördert: Lambda-cI-Repressor, LexA-Repressor, UmuD-Protein. Für die SOS-Antwort sind die beiden letzten entscheidend. Der LexA-Repressor blockiert über 20 Gene, die nach seiner Spaltung im Zuge der SOS-Antwort transkribiert werden. Zu diesen SOS-Genen gehören das sfiA-Gen, dessen Produkt die Zellteilung hemmt und so Zeit für die Reparaturen schafft, die Gene für die Komponenten der NER, das polB-Gen für die DNA-Polymerase II und das dinB-Gen für die DNA-Polymerase IV. Das UmuD-Protein wird als Vorläufer vom RecA-Protein in das funktionelle Protein UmuD’ überführt, von dem zwei Moleküle zusammen mit einem Molekül UmuC die aktive DNA-Polymerase V bilden. Jede der drei SOS-induzierten DNA-Polymerasen kann sich (an für sie spezifischen Schäden) anstelle der replikativen DNA-Polymerase III setzen und im Gegensatz zu dieser die Replikation über die Schadstelle hin fortsetzen, bis diese nach einer gewissen Strecke die Arbeit wieder aufnehmen kann. Diese DNA-Polymerasen haben eine hohe Fehlerrate, aber sie sichern die Integrität der DNA und damit das Überleben der Zelle.

 

·      Checkpoint-Kontrolle bei Eukaryoten

Ionisierende Strahlen, UV-Strahlen oder chemische Mutagene lösen in eukaryotischen Zellen unterschiedliche Reaktionsketten aus. Einige davon beginnen an der Zelloberfläche und werden über Zwischenstufen in den Zellkern übertragen, wo die Expression dutzener Gene eingeleitet wird. Dazu gehören Proteine des DNA-Metabolismus wie DNA-Polymerase  oder Ligasen, Regulatoren des Zellzyklus, Stress-Proteine, gewebsmodulierende Enzyme wie Collagenasen und Transkriptionsfaktoren, die wieder andere Gene aktivieren können. Andere Reaktionen gehen von der geschädigten DNA aus. Ein Name, der in diesem Zusammenhang oft fällt, ist der des Enzyms Poly-(ADP-Ribose-)Polymerase, kurz PARP, dessen Vorgehensweise zwar gut untersucht ist, nämlich die Anheftung von verzweigten Ketten von Poly-ADP-Ribose, dessen Sinn innerhalb der Schadensreparatur aber noch nicht bekannt ist. Eine weitere Reaktion betrifft die eben schon genannte DNA-abhängige Protein-Kinase. Sie phosphoryliert das Protein p53, das eine wichtige Rolle in der Regulation des Zellzyklus hat. Dieses Protein ist auch das Ziel anderer wichtiger Kinasen, so genannter Checkpoint-Kinasen, wie die ATM- und ATR-Kinase, die am Beginn eines komplizierten Netzwerkes stehen, das als schadensinduzierte Checkpoint-Kontrolle bezeichnet wird. Dieses schaltet den Nucleotid-Exzisions-Apparat ein, aktiviert Protein-Komplexe, die zur Reparatur von DNA-Brüchen führen und aktiviert eben auch das Protein p53. Für dessen Aktivierung müssen mindestens drei der Protein-Kinasen zusammenkommen. Dann fungiert p53 als Transkriptionsfaktor für Proteine, darunter p21, die Zellzyklus und DNA-Replikation zum Halten bringen, um eine Ruhephase für Reparaturen zu schaffen. Ist keine Reparatur mehr möglich, kann p53 auch einen Mechanismus auslösen, der zum Absterben der Zelle führt. Dieser für die einzelne Zelle tödliche, für den gesamten Organismus aber lebensnotwendige Mechanismus wird als Apoptose bezeichnet. Wie wichtig dieser Mechanismus ist, zeigt sich, wenn das Gen für p53 durch eine Mutation verändert ist. Menschen, die mit dem mutierten Gen (offiziell als TP53 bezeichnet) geboren werden, erkranken sehr früh an Krebs

(Li-Fraumeni-Syndrom:

http://www.mgz-muenchen.com/home.php?nid=diagnostik&uid=2&tid=7&did=77 )

Außerdem ist bei mehr als der Hälfte aller menschlichen Krebserkrankungen das p53-Gen durch somatische Mutation geschädigt oder ausgefallen. Als Folge häufen sich Mutationen einer Zelle, und die Wahrscheinlichkeit für die Umwandlung normaler Zellen in Krebszellen steigt um ein Vielfaches.

 

 

5. Reversion und Suppression von Mutationen

Bei diesen Mechanismen handelt es sich nicht um Reparatursysteme, sondern um Rückgängigmachung oder Unterdrückung der Mutationen. Von echter Reversion spricht man, wenn eine Mutation an derselben Stelle durch eine Rückmutation wieder aufgehoben wird. Am häufigsten betrifft dies Punktmutationen, Deletionen fast nie. Diese können durch die Addition eines benachbarten Basenpaares wieder ausgeglichen werden, da dadurch das Leseraster wieder in den korrekten Dreiertakt kommt. Da hier nicht die genotypischen Effekte der Erstmutation beseitigt, sondern lediglich unterdrückt werden, spricht man von Suppression. Intragenische Suppression liegt vor, wenn die Zweitmutation auf demselben Gen liegt wie die Erstmutation, intergenische, wenn sie auf einem anderen Gen liegt. So kann z.B., wenn durch Mutation die Interaktion zwischen zwei Proteinen zerstört ist, diese durch Mutation in dem zweiten Protein wieder hergestellt werden oder es wird durch die Mutation ein zweiter Syntheseweg aktiviert, der das zuerst mutierte Genprodukt überflüssig macht.

 

Weitere Links:

Mutationen und Mutagene:

http://www.zum.de/Faecher/Materialien/beck/13/bs13-5b.htm

 

DNA-Reparatur:

http://www.merian.fr.bw.schule.de/Beck/skripten/11n/dnarep1.htm